Nach der Niederlage im vierten Spiel der Halbfinalserie gegen Alba Berlin, welche gleichbedeutend mit dem Ausscheiden aus den Playoffs ist, macht sich Enttäuschung breit. Manche Spieler sind den Tränen nahe, andere würden lieber sofort den Gang in die Kabine antreten und dort das endgültige Saisonende verdauen. Auch die Fans sind konsterniert, so nahe der Sieg und so nahe das Finale und jetzt doch so meilenweit entfernt. Doch was sich kurz nach Ertönen der Schlusssirene abspielt, das ist kein Buhen oder Tristesse, nein das ist in anderer Hinsicht einzigartig. Einzigartig, weil sich die ganze Arena erhebt und applaudiert. Minutenlang! Was sich in den vorherigen Wochen aufgestaut hatte an positiven Emotionen, kommt jetzt an diesem 03.06.2014 zum Vorschein. Verdient haben sich alle 13 Spieler diesen Abschluss und mit ihr die Gewissheit, dass sie trotz dem Ausscheiden viele, wenn nicht alle Anhänger der Dragons überzeugt haben von ihrer Stärke, von ihrem Teamgeist und von ihrer Steh-auf-Mentalität.
Erfolg trotz Misserfolg
Ein paar Tage später auf der offiziellen Abschlussfeier haben einige Teile des Teams schon realisiert, was sie im vergangenen Jahr geschafft haben. Denn wann hat man das letzte Mal eine Dragons-Mannschaft gesehen, die so geschlossen auftrat und mit purem Willen zu überzeugen wusste? Da stand nun kein Ex-Star ala Demond Mallet oder ein famoser Einzelspieler ala Tyrese Rice auf dem Parkett, dort stand auch mehr als nur eine amerikanische Starting-5 auf dem Court, dort stand eine Einheit, die aus guten Einzelspielern zu einer homogenen Gemeinschaft verschmolz. Wenn Thomas eine Pause benötigte, dann netzte Topper eben ein oder zwei Dreier nacheinander ein und stellte die alte Ausgangslage wieder her. Wenn der kleinste im Team, welcher in der Bamberg-Serie an alte Heldentaten anknüpfte, Verschnaufpausen bekam, dann machte Doreth dort weiter, wo sein Kollege aufgehört hatte. Mit viel Einsatz und Leidenschaft konnten auch spielerische Schwächen kaschiert werden. Und lief es doch mal nicht so wie gewünscht, dann kam der Kapitän und fand seinen Weg in die Zone wie im Heimspiel gegen Alba in der Hauptrunde. Von Defensivmotor Graves oder Mr. Alleskönner Lawrence Hill ganz zu schweigen.
Kontinuität pur
Doch nach der Saison ist nun mal auch vor der Saison und einhergehend mit der Sommerpause machte sich auch die Sorge breit, diese Mannschaft in dieser Konstellation gegen Berlin zum letzten Mal gesehen zu haben. Als schließlich aber einer nach dem anderen, angefangen von Holston und Hill über Topper, Doreth, King und wie sie alle heißen ihren Vertrag um mindestens ein weiteres Jahr verlängerten, da konnte man beruhigt sein. Denn nun wusste man sicher, dass wieder eine Mannschaft bewundert und angefeuert werden kann, welche zwar das eine oder andere Mal die wünschenswerte Konstanz vermissen lässt, andererseits aber nie aufgibt und sich nicht hängen lasst. Sowas wissen echte Fans zu schätzen und registrieren das genau! Auch Tyron McCoy hat diesen Punkt erkannt, er weiß wie wichtig Leidenschaft und ein gutes Mannschaftsgefüge sind. Er hat schon viele Gesichter kommen und gehen gesehen und hat seine Erfahrungen als Spieler gemacht, die ihm nun in besonderem Maße weiterhelfen in der Zusammenstellung sowie in der Führung eines kompletten Teams.
Auf dem Weg nach ganz oben
In der neuen Spielzeit muss er sich genau wie die alten und neuen Spieler weiter verbessern, damit noch mehr geht als letzte Saison. Er muss es schaffen, die Stärken der einzelnen Spieler noch besser zu akzentuieren und sie im Team noch besser zur Geltung kommen lassen. Ein Chad Topper etwa muss mehr freie Würfe bekommen als noch letztes Jahr. Mehr Blöcke, mehr Bewegung abseits des Balles und eine bessere Kommunikation sind hier gefordert. Auch von einem David Holston, der besonders in der Vorrunde noch Schwächen in der Entscheidungsfindung offenbarte. Von einem Hill, welcher mit fantastischen Anlagen gesegnet ist, muss der nächste Schritt folgen. Graves muss und darf liebend gerne an seine Form in den Playoffs anknüpfen und mit David McCray die gegnerischen Guards terrorisieren. Von Brandon Thomas darf mehr Konstanz vom Perimeter erwartet werden und auch in Sachen Freiwurfquote besteht wie bei so manchem Spieler der Artländer noch gehöriges Ausbaupotenzial. Mit Andi Seiferth kommt nun aus Trier ein Nationalspieler, der die Minuten hinter AK ausfüllen soll. Besonders im Eurocup müssen er und der ebenfalls neue Dennis Horner die Mitspieler entlasten und ihnen Pausen gönnen unter der Prämisse, dass die Qualität auf dem Feld in etwa gleich bleibt. Alle Genannten haben den Ehrgeiz, hart an sich zu arbeiten und sind sich nicht zu schade, bis spät abends in der Halle zu schuften.
Die Konkurrenz schläft nicht
Wenn man sieht, wie sich die Konkurrenten aus München oder Bamberg verstärkt haben, muss genau das auch der Weg sein, um dauerhaft im Konzert der Topclubs mitzuhalten. Über den Etat kann diese Aufgabe nicht bewerkstelligt werden. Es braucht ein gutes Scouting, einen herausragenden Teamgeist und ein Quäntchen Glück, welches z.B. im Halbfinale in Spiel 1 in der Hauptstadt gefehlt hat, als Thomas dieses so dumme Foul beging und damit erst den Sieg der Berliner ermöglichte. Aber Schwamm drüber, der Blick sollte sich auf die Zukunft richten! Und die sieht gar nicht mal schlecht aus. Klar kommen Spieler wie Savanovic oder Gavel zu den Bayern, klar kommen Spieler wie Wannamaker oder Brown nach Bamberg und auch Neuzugänge wie McKee, welcher nach Oldenburg wechselt, Leunen, der nach Ulm geht oder Caloiaro, der in Bonn sein neues Zuhause gefunden hat, sind nicht zu unterschätzen. Aber wenn man bedenkt, dass in der kommenden Spielzeit eine sehr solide 11er-Rotation möglich ist, welche es erlaubt, dauerhaft frische und sportlich hochkarätige Spieler auf dem Parkett zu haben, dann sollte man einiges erwarten können. Ich jedenfalls rechne mindestens mit der Playoffteilnahme und schiele insgeheim auf einen Platz unter den Top Vier, welcher ein Heimrecht gewährleisten würde. Bamberg und München sind in einer anderen Liga einzustufen, auch Alba und Oldenburg sind stark, dahinter müsste aus meiner Sicht allerdings schon Quakenbrück kommen und in Lauerstellung auf Ausrutscher der Konkurrenz hoffen. Bieten sich Möglichkeiten, muss das Team zur Stelle sein und zupacken. Vor allem gegen vermeintliche Außenseiter darf man sich keine Ausrutscher mehr erlauben wie in vergangenen Tagen, denn dadurch verspielt man sich eine gute Ausgangsplatzierung und das bereits angesprochene Heimrecht in den Playoffs! Warum gerade das so wichtig ist und wie viele positive Emotionen die Fans auslösen können, das hat man gegen Alba gesehen. Als in und rund um die Artland Arena eine Verbindung entstand, die hoffentlich noch etwas länger Bestand hat.
Eurocup in den Fokus rücken
Was dann im nächsten Frühsommer möglich ist, das hängt wie bereits erwähnt von vielen Faktoren ab, die man mal mehr, mal weniger stark beeinflussen kann. Was man allerdings beeinflussen kann, das ist die Einstellung und die sollte immer stimmen. Halten sich die Spieler an dieses ungeschriebene Gesetz, dann erwarte ich von den Fans, dass sie auch bei Misserfolgen zu ihrem Team stehen und dieses auch im zuschauertechnisch ungeliebten Eurocup unterstützen. Denn viele ausländische Spieler sind gerade deshalb ins beschauliche Quakenbrück gewechselt und ließen sich mit der Aussicht auf das internationale Geschäft locken. Wünschenswert wäre es, wenn auch in Zukunft europäisch gespielt werden würde und auch dort nach eher schwachen Leistungen ein Aufwärtstrend zu beobachten wäre. Denn seien wir ehrlich, in Oostende oder in Rom spielt man besseren Basketball als in Göttingen oder Crailsheim und als Fan kann man sich auf sportlich hochkarätigere Spiele freuen. Nicht falsch verstehen, auch die beiden letztgenannten Vereine haben sich ihren Platz in der erste Liga verdient, können allerdings längst nicht mit diesem internationalen Renommee glänzen und diese internationale Erfahrung aufweisen, mal ganz abgesehen vom niedrigen Etat.
Spannung bis zum Abwinken
Ganz gleich, wie weit die Reise im Eurocup im Endeffekt geht, die Saison verspricht spannend zu werden. Der neue Telekom-Deal ermöglicht es allen Basketballbegeisterten zudem jedes Spiel in HD mit zu verfolgen. Echte Fans gucken natürlich weiter vor Ort und fahren mit zu den Auswärtsspielen. Sollte allerdings mal das Geld knapp sein oder die liebe Zeit nicht mitspielen, kann man hoffentlich bedenkenlos auf dieses Medium zurückgreifen. Wer erinnert sich an dieser Stelle noch schnell an Holstons Dreier gegen die Bayern auf Sport1 und den emotionalen Ausraster von Frank Buschmann, der den Aufbauspieler kurzerhand zum Zerberus umtaufte? Man stelle sich nur vor, wir gehen in ein entscheidendes Spiel 5 einer Finalserie und Holston verbringt wieder Wunderdinge. Ratatata wäre da wohl ein Witz gegen. Geträumt werden darf ruhig, auch von einem Titel, gespielt werden muss allerdings erst mal auf dem Parkett. Die Spieler müssen fokussiert bleiben und an sich glauben. Ich habe Lust auf die neue Spielzeit, daher in diesem Sinne: Mögen die Spiele beginnen!