Ganze sieben Niederlagen am Stück, dazu das Ausscheiden aus dem Eurocup mit nur einem Sieg auf der Habenseite und nun droht auch noch die Pokalqualifikation zu scheitern. Die Gegenwart sieht alles andere als rosig aus für die Artland Dragons und die anfängliche Euphorie, die nach dem vermeintlich gut verlaufenen Sommer und dem starken Saisonstart aufkeimte, ist mittlerweile verflogen und einer immer größer werdenden Ernüchterung gewichen. Doch was läuft genau schief?
Schwerer Spielplan
Grundsätzlich muss man dem Team von Tyron McCoy zugutehalten, dass die letzten Gegner allesamt nicht gerade als Laufkundschaft daherkamen und daher mehrere Siege im Vorfeld nicht eingeplant werden konnten. Gegen Oostende, Berlin, Gran Canaria, Ulm, Dijon, Bamberg und München mussten die Mannen aus Quakenbrück im Dezember antreten, zogen allerdings immer den Kürzeren. Im Gegensatz zum Anfang der Saison, wo man mit Oldenburg nur auf ein wirkliches Schwergewicht in der Bundesliga traf, kam es in letzter Zeit knüppeldick. Dass allerdings kein Sieg dabei herausspringen würde, damit hätten wohl nur die wenigsten gerechnet.
Crunchtime-Versagen
Dass das Team nicht komplett chancenlos ist, hat sich gerade in den Spielen im Eurocup gezeigt und auch in der Bundesliga gab es zahlreiche Spiele wie gegen Ludwigsburg oder Ulm, die man am Ende nur knapp verlor. Oftmals wurde der potenzielle Sieg erst im Schlussabschnitt fahrlässig her geschenkt durch unnötige Ballverluste oder mentale Aussetzer.
An sich wäre das ja schon schlimm genug, allerdings kommt da noch ein weiterer Faktor hinzu, welcher die Fans nachdenklich stimmt. In der vergangenen Saison galten die Artländer nämlich geradezu als Crunchtimespezialisten und fanden in engen Situationen immer wieder Lösungen, um das Spiel positiv zu beenden. Obwohl immerhin ganze acht Spieler aus der Vorsaison noch heute im Kader stehen, schaffen es die Dragons nicht, sich diese altbewährte Stärke zunutze zu machen.
Hohe Niederlagen
Ebenso nicht ganz ins Bild der unglücklich verlierenden Dragons passen die heftigen Abreibungen gegen Titelkandidaten wie Berlin ( -29 ), Bamberg ( -20 ) oder zuletzt München ( -16 ). Chancenlos und hilflos wirkte das Team um Kapitän King in diesen Spielen, ein wirkliches Aufbäumen war nur schwerlich zu erkennen. In der Hauptstadt ließ man sich von der erstickenden Alba-Verteidigung einschüchtern, zuhause in der Artland Arena war nach dem Ausfall von David Holston nichts mehr zu holen und gegen das Team von Svetislav Pesic am zweiten Weihnachtsfeiertag war die Messe schon nach einem grausamen, Erstligaansprüchen nicht genügenden ersten Viertel gelesen.
Schlechte Defensive
Während die Offensive unter dem Fehlen von Point Guard David Holston in den letzten beiden Spielen offensichtlich arg litt, lässt sich das defensive Erscheinungsbild nicht so einfach mit einer Verletzung erklären. So stellen die Dragons eine der schlechtesten Verteidigungen in der Bundesliga und rangieren mit einem Defensivrating ( Spieltempo angepasst ) von 115,8 auf dem drittletzten Rang in dieser Kategorie. Dass die Dragons in der Defensive besser sein können und auch müssen, haben sie vergangene Saison gezeigt, als sie zumindest in dieser Kategorie im Mittelfeld platziert waren. Daher muss die Frage erlaubt sein, ob die Einstellung wirklich bei allen Spielern passt und den hohen Ansprüchen angemessen ist. Würde man es sich einfach machen wollen, könnte man die Verschlechterung der Defense auf einzelne Spieler zurückführen, allerdings lassen Auftritte wie in München eher ein grundsätzliches Problem vermuten.
Rebounding
Ein generelle Problemstelle wie das Reboundverhalten beispielsweise. Auch in dieser Kategorie rangieren die Artland Dragons weit unten und holen sich in der Bundesliga nur 32,1 Rebounds pro Spiel. Hier macht sich besonders bemerkbar, dass mit Kenny Frease ein wuchtiger und reboundstarker Spieler in den Reihen fehlt und ein Andi Seiferth dieses Niveau bislang nicht erreicht und wohl auch nicht mehr erreichen wird. Anthony King macht dafür einen sehr soliden Job am Brett, musste allerdings in der Vergangenheit durch Verletzungen im Mundbereich schon seinen Tribut dafür zollen. Auch Dennis Horner ackert unermüdlich und macht als Backup Power Forward etwa einem Lawrence Hill vor, was mit viel Einsatz und einer großen Portion an Willen alles möglich ist.
Dreierabhängigkeit
Neben der schlechten Defense und mangelhaften Reboundarbeit als Faktoren für die vielen Niederlagen ist auch die Dreierquote ein herausragendes Indiz für Erfolg oder Misserfolg im Spiel der Drachen. So gilt: Die Dragons gewinnen nur, wenn sie über 40% ihrer Dreier treffen. Diese Faustregel bestätigte sich bislang in jedem Spiel! Da die Artländer zudem die drittmeisten Würfe von Downtown abfeuern, lebt und fällt ihr Spiel mit diesen Würfen. Ein geregeltes Insidespiel wie es Alba Berlin (übertrieben) vormacht, gelingt nur in wenigen Spielen. Grund dafür ist, dass mit Anthony King und Andreas Seiferth nur zwei Brettspieler im Kader sind, alle anderen halten sich lieber am Perimeter auf.
Freiwürfe
Dadurch eröffnen sich zwar viele Räume, konsequent genutzt werden sie allerdings nicht. Harte Cuts zum Korb sind nur sporadisch zu beobachten, was im Endeffekt auch die schwindend geringe Zahl an Freiwürfen pro Spiel erklärt ( nur 18,4 ). Nur wer sich im 1-gegen-1 in der Zone duelliert oder ohne Kompromisse zum Korb schneidet, zieht Fouls. Fouls beim Dreier gehören dagegen eher zur Seltenheit.
Die zweite Fünf
Neben all diesen Aspekten kommt noch eine weitere Baustelle hinzu. Die Bankspieler liefern derzeit nicht das, was man rund um Quakenbrück von ihnen erwartet. Während in der Offseason viele von einem Upgrade der Bank sprachen, lässt sich dieses in der Realität bisher nicht feststellen. Zwar wurden die Minuten der Starter gesenkt, viel Produktives kommt von den Backups wie Doreth, Toppert oder Seiferth allerdings nicht ( 11. Platz im Bench-Scoring). Einzig Dennis Horner, der in der Offensive allerdings auch so manches Mal zu langsam agiert, und David McCray können bislang größtenteils überzeugen. Bei Doreth ist das größte Problem, dass er als Aufbauspieler zu lange für den Ballvortrag braucht und das Spiel dadurch ins Stocken gerät. Seiferth lässt dagegen Härte beim Rebounding und in der Defensive vermissen, während Toppert den Dreier nicht mehr so gut trifft, wie man es von ihm gewohnt war.
Fazit: Die Artland Dragons befinden sich derzeitig in einer Formkrise, die (wettbewerbsübergreifend) sieben Niederlagen am Stück zur Folge hat. Die Mannschaft wirkt verunsichert und agiert nicht mehr so zielstrebig, wie zu Beginn der Saison. Schwere Gegner im Dezember machen es dem Team zudem nicht gerade einfach, den eigenen Rhythmus wiederzufinden und Siege einzuheimsen. Die anstehenden Spiele gegen Hagen und Braunschweig werden daher nun zu echten Schlüsselspielen, um den Anschluss nach oben nicht zu verlieren und die Pokalqualifikation nicht aufs Spiel zu setzen.