Bei den Telekom Baskets Bonn gehört Yorman Polas Bartolo längst zu den Lieblingen der Fans. Für uns hat sich die Bonner Nummer 13 einmal die Zeit für ein Interview genommen. Wir sprachen dabei nicht nur über seinen sportlichen Werdegang, denn wir konnten mit Bartolo auch über sein Verhältnis zu Bastian Schweinsteiger sprechen und über dessen Rolle hinsichtlich der Karriere des Bonners in Deutschland.
Birgit: Lass uns einmal auf den Anfang deiner aktiven Basketballkarriere zu sprechen kommen. In Kuba warst du als Aktiver für Tigres de Camagüey tätig. Wie darf man sich Basketball und die damit verbundene Begeisterung und Leidenschaft in Kuba vorstellen bzw. wie hast du diese empfunden?
Yorman: In Kuba hat der Basketball einen anderen Stellenwert als in Deutschland, er verdient mehr Ansehen. Gerade für die Fans stehen Emotion und Leidenschaft im Vordergrund, was vor allem dadurch entsteht, dass die Nähe zwischen Zuschauern und Spielern viel enger ist. Basketball ist dort weitaus weniger kommerziell, sondern lebt hauptsächlich durch und von der Begeisterung.
Birgit: Nachdem deine Karriere in Kuba begonnen hat, konntest du binnen kürzester Zeit große Schritte in deiner Entwicklung machen. Bereits mit 22 Jahren wurdest du 2007 Nationalspieler. War das für dich eine große Überraschung? Hat dir dies in deiner weiteren Entwicklung als Spieler und Mensch geholfen? Oder hast du hierdurch neuen Druck empfunden?
Yorman: Natürlich spürst du als Spieler dadurch einen gewissen Druck. Ich würde es jedoch eher als eine Erwartungshaltung sehen, welche nun für dich als Sportler herangezogen wird. Doch genau dies war auch immer mein Ziel. Ich wollte immer besser werden und hier helfen solch neue Impulse und Erfahrungen natürlich, um nochmals den eigenen Ehrgeiz anzutreiben und zu steigern.
Birgit: Lass uns kurz bei deinem Geburtsland Kuba bleiben. Es ist gemeinhin bekannt, dass Kuba seinen Sportlern gewisse Privilegien eingeräumt hat, welche der „normalen“ Bevölkerung nicht vergönnt waren. Beispielsweise konntest du als Nationalspieler ins Ausland reisen. Wie hast du dieses Privileg empfunden? Und gab es vielleicht noch andere Vorteile für dich als Sportler und Nationalspieler gegenüber der restlichen Bevölkerung?
Yorman: Es lässt sich generell sagen, dass dir als Sportler gewisse Türen durch deinen Sport geöffnet werden, welche dir und deiner Familie helfen. Vor allen Dingen wird bzw. wurde das tägliche Leben durch viele kleine Dinge erleichtert.
Birgit: Wir hatten zuvor bereits über das Privileg der Auslandsreisen gesprochen. Die Nationalmannschaft hat diesbezüglich nicht nur sportlich auf dein Leben Einfluss genommen. Bei einem Freundschaftsspiel auf Gran Canaria gegen Spanien hast du deine heutige Frau kennengelernt. Wie bist du auf Amelie aufmerksam geworden und wie war es zu Beginn eurer Beziehung, da die Entfernung zwischen deiner damaligen Freundin aus Deutschland und dir doch sehr groß war?
Yorman: Zu Beginn war vor allen Dingen die Kommunikation etwas knifflig, denn die Technik war bei weitem noch nicht auf dem Stand, den sie heute inzwischen erreicht hat. Zu Beginn konnten wir uns auch immer nur kurz sehen bei Besuchen, denn die Distanz zwischen Deutschland und Kuba ist einfach riesig. Doch wir haben es immer unter dem Motto gesehen „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“.
Birgit: Deine Beziehung zu deiner heutigen Frau ist ein gutes Stichwort. Im Jahr 2012 hast du deine Frau geheiratet und zusammen seid ihr nach München gezogen. Zuvor warst du Nationalspieler für Kuba und in deinem Land bekannt. Nun warst du in Deutschland bei den München Baskets zunächst für viele ein Unbekannter. Wie bist du mit diesem Umstand umgegangen?
Yorman: Anfangs war die größte Hürde schlichtweg die Sprache. Ich konnte fast kein Deutsch und auch meine Englisch-Kenntnisse waren nur sehr minimal, weshalb mir die Eingewöhnung zu Beginn schwerfiel. Aber meine Teamkollegen haben mir großartig dabei geholfen, mich in München zurecht zu finden. Unser Teamgeist war toll, was es mir sehr leicht gemacht hat, mich wohl zu fühlen.
Birgit: Aus heutiger Sicht ist München natürlich ein sehr spezielles Thema für dich. Während deiner Zeit in der bayerischen Landeshauptstadt hast du auch Kontakt zu Bastian Schweinsteiger bekommen, welcher zur damaligen Zeit noch bei den Fußballern des FC Bayern spielte. Stimmt es, dass er dir dabei half bei den Bayern Basketballern und Svetislav Pesic trainieren zu können?
Yorman: Das stimmt. Der Kontakt zu Bastian Schweinsteiger kam ursprünglich über das „Schumann’s“ und somit anschließend das Probetraining bei den Bayern zustande. Da ich in Deutschland jedoch noch weitestgehend unbekannt war, und ich damals noch keinen deutschen Pass hatte, kam es nie zu einem Engagement beim FCB.
Birgit: Nach deiner Zeit in München ging es für dich in die Zweite Liga nach Crailsheim und von dort nach zwei Jahren nach Gießen. Wie waren diese Jahre für dich? Haben sie dich sportlich und menschlich weitergebracht?
Yorman: Auf jeden Fall. Mir war klar, dass ich einen Schritt nach dem anderen machen musste. Mein Ziel war es dabei, mich in die erste Liga hochzuarbeiten, denn ich wusste, dass ich auf diesem Level und Niveau mithalten kann. Am Ende hat sich mein langer Atem hierfür ausbezahlt. Dass ich hierbei stets Erfolgserlebnisse wie die Aufstiege mit Crailsheim und mit Gießen feiern konnte, bestärkte mich zudem in meinem Vorhaben und zeigten mir, dass ich auf dem richtigen Weg war. Besonders bei den 46ers stimmte der Teamgeist, die Mannschaft ist im zweiten Jahr weitestgehend zusammengeblieben und hat von ihrer tollen Chemie profitiert.
Birgit: Du warst zuvor bereits Nationalspieler und hattest dabei manche Erfahrung machen können. Wenn wir einmal auf den Bundesliga-Aufstieg mit Gießen blicken, wie würdest du diesen Erfolg für dich selbst einordnen?
Yorman: Ich möchte und kann hierbei kein Ereignis oder Erlebnis hervorheben. Für die Nationalmannschaft aufgelaufen zu sein, wird für mich immer etwas Besonderes bleiben und hat mich in meiner persönlichen Entwicklung enorm weitergebracht. Das sportliche Niveau in Deutschland ist höher als in der kubanischen Liga, weswegen der Bundesliga-Aufstieg ebenfalls eine tolle Sache war.
Birgit: Seit 2016 stehst du nun bei den Telekom Baskets unter Vertrag. Wie kam es damals zum Wechsel von Gießen nach Bonn und hast du aus deiner Sicht mit diesem Wechsel im Nachhinein alles richtig gemacht?
Yorman: Ja. Die zwei Jahre in Gießen haben mir in vielen Belangen geholfen und mich weitergebracht. Du merkst, dass die 46ers ein Traditionsverein sind und dies von allen Beteiligten gelebt wird – ähnlich wie hier in Bonn. Die Baskets stellen für mich mit ihren Ansprüchen und der an die Mannschaft gerichteten Erwartungshaltung das nächste Level dar.
Birgit: Lass uns einmal auf dein Spiel bzw. auf deinen Spielstil zu sprechen kommen. Im Allgemeinen wirst du immer als sehr guter Verteidiger gepriesen, wenngleich du auch in vielen anderen Aspekten des Spiels top bist. Ist es für dich eher ein Lob immer auf deine Verteidigung angesprochen zu werden, oder vermisst du es als kompletter Spieler betrachtet zu werden?
Yorman: Ich war schon immer ein guter Verteidiger. Das ist meine Spezialität. Da blühe ich auf. Aber es ist mein Ehrgeiz, ein möglichst kompletter Spieler zu sein und auch als solcher wahrgenommen zu werden. Immerhin gibt es noch diverse andere Aspekte wie Steals, Rebounding, oder die Einleitung des Fastbreaks, die zum mannschaftlichen Erfolg beitragen können.
Birgit: Wir hatten bereits über deine deutsche Frau und deine Heirat gesprochen. Lass uns bitte nochmals kurz zu diesem Thema und deinen Umzug nach Deutschland mit seinen Folgen zu sprechen kommen. Seit dem Jahr 2015 besitzt du die deutsche Staatsbürgerschaft. Fühlst du dich inzwischen mehr als Deutscher oder Kubaner? Und was gab für dich den Ausschlag die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, bzw. sich darum zu bemühen?
Yorman: Ich muss zugeben, die vorhandene Quoten-Regelung war durchaus ein Faktor, wieso ich mich um den deutschen Pass bemühte. Gerade zu Beginn meiner Zeit als Profi in Deutschland musste ich erfahren, dass es als Ausländer deshalb schwieriger ist. Doch obwohl ich nun das „D“ im Pass habe, fühle ich mich meiner Heimat natürlich weiterhin verbunden. Ich fühle mich nicht weniger als Kubaner als vorher und schließlich ist es das, was ich auch immer sein werde.
Birgit: Denkst du, dass dir dein deutscher Pass in der Bundesliga auch hinsichtlich deiner Karriere hilft, da im Kader jedes Teams mindestens sechs deutsche Spieler stehen müssen?
Yorman: Natürlich hilft der deutsche Pass aufgrund der Quoten-Regelung. Wobei ich dies auch ein Stück weit schade finde. Natürlich verstehe ich, dass der Fokus in Deutschland auf die Entwicklung der einheimischen Spieler gelegt wird, doch macht es das für Ausländer bzw. ausländische Spieler schwerer, weil man sich in vielen Belangen durchkämpfen muss.
Birgit: Zum Abschluss noch zwei letzte Fragen. Was hat es mit deiner Trikotnummer 13 auf sich und wie bist du zu deinen Spitznamen „Pablo“ bzw. „El ciclón“ gekommen?
Yorman: Die 13 ist meine Glückszahl. Ich hatte diese Trikotnummer bereits bei meinem Karrierebeginn in Kuba, weswegen ich sie mittlerweile sehr liebgewonnen habe. Aus dieser Zeit stammt auch der Spitzname „El Ciclon“, mit dem ich meine Heimat verbinde und mich stark identifiziere. In Bonn kam dann durchs Backoffice „Pablo“ hinzu, da mein richtiger Name wohl für einige wohl zu lang oder zu schwierig auszusprechen war.
An dieser Stelle möchten wir uns bei Yorman Polas Bartolo und den Telekom Baskets Bonn bedanken, dass dieses Interview möglich gemacht wurde. Wir wünschen Spieler und Team für den Rest dieser Saison viel Glück und Erfolg.